Gabriele Intemann und Viorel Roman
Schon der Name Rumäniens mit seinem Bezug auf das antike Rom zeigt Ursprung und Bestrebung des südosteuropäischen Volkes. Als alleinige Nachfolger der romanisch-orientalischen Welt suchen die Rumänen im Spannungsfeld der Großmächte Byzanz bzw. Osmanisches Reich, Rußland und Österreich seit Jahrhunderten die Verbindung zum Westen. Es ist nur einer der Widersprüche dieses Schmelztiegels der Kulturen, daß das Gebiet seit der slawischen Landnahme im 7. Jh. keine direkte Verbindung zur romanischen Staatenwelt hat. Ein weiteres Hindernis auf dem Weg nach Westen, der seit der Wende 1989 wieder an Aktualität gewonnen hat, ist das Bekenntnis der Mehrheit der Bevölkerung zum östlichen Christentum (Orthodoxie).
Daker, Römer und Barbaren (bis 1241)
Auf dem Gebiet des heutigen Rumänien lebten seit dem 1. Jt. v. Chr. die indoeuropäischen Geto-Daker, deren erste Reichsbildungen unter dem Druck der Kelten seit 280 v. Chr. zerfielen. Erst Burebista (82–44) errichtet ab 60 v. Chr. ein dakisches Großreich vom heutigen Böhmen bis nach Bulgarien und Beßarabien, das seinerseits die römischen Provinzen bedrohte. Der vorprogrammierte Konflikt mit Caesar kam nicht zustande, weil beide Opfer von Verschwörungen wurden (44 v. Chr.). Unter Decebal (87–106 n. Chr.) erreichte der dakische Staat seine Blüte. Kaiser Domitian (81–96) konnte Decebal nicht bezwingen, doch Trajan (98–117) unterwarf Dakien in zwei Kriegen (101/02, 105/06) und gliederte es als Provinz in das Römische Reich ein. Militärisch sicherte die Verlängerung des Limes bis zur Dnjestr-Mündung die Eroberung. Die Trajansäule in Rom erinnert an die Kriege und den Romanisierungsprozeß. Unter dem Druck der Völkerwanderung zog Kaiser Aurelian 270–275 die Armee und Verwaltung hinter die Donau zurück.
Die romanisierten Bauern und Hirten nördlich der Donau nahmen den christlichen Glauben aus römischer Quelle an und überlebten ohne Städte unter primitiven Bedingungen während der Völkerwanderung: Nacheinander verdrängten und überlagerten einander Westgoten (3./4. Jh.), Hunnen (276–454), Ostgoten (5. Jh.), Gepiden (450–567), Awaren und Slawen (6./7. Jh.), Bulgaren (7.–10. Jh.), Ungarn (10. Jh.), Petschenegen (10./11. Jh.), Kumanen (11.–13. Jh.) und Tataren (13. Jh.). Die Slawen dezimierten und isolierten durch ihre Masse den Block der Dako-Römer (Rumänen) von der westlichen Romanität (Italien) und spalteten die Rumänen in einen nördlichen und einen südlichen Teil.
Mittelalterliche Fürstentümer (1241–1541)
Schriftliche Quellen unterscheiden die Walachen bzw. Rumänen südlich der Donau erstmals 976 als eigenständiges Volk. Sie bildeten von den Karpaten bis zum Balkangebirge allein oder gemeinsam mit Slawen zahlreiche vorstaatliche Gebilde. Südlich der Donau entstand 1185 ein bulgarisch-walachisches Reich unter der walachischen Familie Asan. In Pannonien sprengten die Ungarn im 11. Jh. den slawischen Block und unterwarfen in Transsylvanien die walachischen Wojwodschaften (Herzogtümer) von Glad, Gelu und Menumorud, gaben ihnen damit aber gleichzeitig eine Atempause gegen den slawischen Assimilationsdruck.
Der römisch-katholische Drang nach Osten mit Ungarn an der Spitze wurde von der Mongolensturm in der Schlacht bei Liegnitz 1241 gebrochen. Die Ungarn verzichteten auf die Ausrottung der Rumänen und Slawen und setzte fortan auf eine »Tolerierung« der Rumänen in Transsylvanien und eine Kooperation aller Völker, einschließlich der Deutschen, die seit etwa 1150 in dem Raum siedelten (Siebenbürger Sachsen). Die militärische Zusammenarbeit mit dem Deutschen Ritterorden (1211–1225) war wegen eigener Machtambitionen der Ordensritter problematisch, so daß sie ab 1225 nach Norden abzogen.
Die Schwäche der Ungarn gab Raum für die Gründung der Fürstentümer Walachei (Tara Româneasca, Muntenia) unter Basarab (1323–1352) südlich der Karpaten und Moldawien (Moldova) unter Fürst Bogdan I. (1359–1365) östlich der Karpaten. Die Walachei erreicht ihre Blüte unter Mircea dem Älteren (1386–1418), der seine Herrschaft bis zum Schwarzen Meer ausdehnte, Moldawien unter Alexandru dem Guten (1400–1431). Beide Staaten übernahmen die orthodoxe Hierarchie aus Konstantinopel und konnten die Unabhängigkeit gegen Ungarn, Polen und Tataren wahren.
1396 erreichte die grüne Flagge des Islam die Donau. Die Fürsten der Moldau (Stefan der Große; 1457–1504) und der Walachei (Vlad III. 44epe42, »Dracula«; 1456–1462, 1476) sowie der Wojwode von Transsylvanien (János Hunyadi 1441–1456) –führten allein oder als Verbündete christlicher Staaten den Kampf gegen die Osmanen.
Muslimische Oberherrschaft (1541–1821)
Mit der Eroberung Konstantinopels und Belgrads und der Umwandlung Ungarns in einem Paschalyk kamen die Fürstentümern Walachei (1415), Moldau (1489) und Transsylvanien (1541) unter türkischen Oberherrschaft. Sie behielten die Autonomie, bezahlten Tribut, leisteten aber weiterhin Widerstand. Der moldawische Fürst Ioan Voda (1572–1574) erhob sich allein gegen den Sultan, wurde besiegt und gevierteilt. Michael II., der Tapfere (1593–1601), befreite Walachei (1595), Transsylvanien (1599) und Moldawien (1600) und realisierte die politische Vereinigung aller Rumänen. Seine Abgrenzung von Osten wurde von Wien nicht honoriert: Die Wiedervereinigung scheiterte mit seiner Ermordung (1601).
Die Niederlage der Türken vor Wien (1683) und die römisch-katholischen »Reconquista« waren bei allen Christen im Reich des Sultans mit großen Hoffnungen begleitet. Auch die Expansion Rußlands seit Peter dem Großen (1682–1725) nach Konstantinopel hatte die Unterstützung des moldawischen Fürst Dimitrie Cantemir (1710/11). Aber der österreichische Befreiungszug blieb nach dem Friede vom Karlowitz (1699) auf Transsylvania beschränkt Der Zar und Cantemir scheiterten bei Stanilesti (1711). Die erfolglosen österreichischen, polnischen und russischen Befreiungsaktionen für Moldawien und Walachei diskreditierten die rumänischen Fürsten im Osmanischen Reich. Cantemir flüchtete nach Rußland. Der walachischen Fürst Constantin Brîncoveanu (1688–1714) wurde mit der ganzen Familie umgebracht. Danach setzte der Sultan in Moldawien (1711) und in der Walachei (1716) adlige Griechen aus Phanar (Phanarioten) als Fürsten ein (bis 1821). Es war der Tiefpunkt der rumänischen Geschichte.
Österreich besetzte die Kleine Walachei (Oltenia, 1718-1739) und die Bukowina (1775-1918), während Rußland Bessarabien (Ostmoldawien) annektierte (1812–1918, seit 1940). Jenseits der Karpaten bereitete die Union der orthodoxen Rumänen mit Rom (1700) die nationale Wiedergeburt vor. Die Wiederentdeckung der lateinischen Identität durch die »Transsylvanische Schule« erreichte auch Moldawien und Walachei und konkurrierte hier mit starken griechischen (Hof) und russischen (Adel) kulturellen Einflüssen. Durch die Erlangung der Oberhoheit über alle Christen im Frieden von Kütschük-Kainardschie 1774 verstärkte Rußland seine Position in den Donaufürstentümern.
Die politische Renaissance (1821–1920)
Der Wettbewerb zwischen griechischen, russischen und römischen Bestrebungen der Rumänen klärte sich während des griechischen Aufstand der »Heteria« (1821). Die Distanzierung des rumänischen Adligen Tudor Vladimirescu von den griechischen Aufständischen verlaßte Konstantinopel auf griechische Vertreter in Rumänien zu verzichten. Fortan verwalteten die rumänischen Fürsten ihre Gebiete wieder selbst unter der Suzeränität des Sultans.
Im 6. Russisch-Türkischen Krieg (1828/29) siegte der Zar. Die russische Armee blieb in den Fürstentümern (bis 1834), die nun zugleich unter osmanischer Suzeranität und russischem Protektorat standen. Der Zar setzte Fürst Grigore IV. Ghika in Bukarest ein, der Sultan den Ion Sturdza in Jassi. Außerdem gewährte der Zar eine erste Verfassung (Regulamentul Organic) in den Fürstentümern. Die Überlegenheit Rußlands über das niedergehende Osmanische Reich garantierte die slawisch-orthodoxe Dominanz. Dagegen unterstützten nun Frankreich, Italien und sogar Großbritannien römisch-westliche Bestrebungen Moldawiens und der Walachei. Der Kampf gegen den russischen Einfluß brach im Zuge der Europäischen Revolution 1848 offen aus. In Moldawien wurden die Forderungen nach Pressefreiheit usw. schnell unterdrückt, doch in Transsylvanien beschloß die »Transsylvanische Schule« während einer nationale Volksversammlung in Blaj ein umfassendes nationales Programm. In der Walachei erhoben sich westlich orientierte Adlige direkt gegen den russischen Einfluß erhoben.
Der österreich-ungarische Ausgleich 1867 und die folgende Magyarisierung zerschlugen in Transsylvanien noch einmal die nationalen Hoffnungen. Das Fürstentum verlor die Autonomie und wurde an Ungarn angeschlossen. Jenseits der Karpaten hingegen folgte der Niederlage Rußlands im Krimkrieg (1853–1856) im Frieden Paris die Vereinigung der Donaufürstentümer Moldawien und Walachei zum Fürstentum Rumanien unter Ioan Alexandru Cuza (1859–1866), dem Karl von Hohenzollern-Sigmaringen auf dem Thron folgte (1866–1914).
Nach dem 8. Russisch-Türkischen Krieg (1877/78), den Rumänien an der Seite Rußlands bestritt, wurde die Souveränität Rumäniens auf dem Berliner Kongreß anerkannt (1878). Dabei ging Südbessrabien an Rußland, Rumänien gewann die Dobrudscha. 1881 nahm der rumänische Fürst als Karl I. den Königstitel an. Die Orientierung nach Westen war gesichert, und der russische Einfluß verlor an Anziehungskraft. Karl I. schlichtet den 2. Balkankrieg (1913) und gliederte an die Dobrudscha das Cadrilater (Süddobrudscha) an. Sein Nachfolger Ferdinand (1914–1927) wurde König aller Rumänen.
Die Vereinigung aller Rumänen (1920–1989)
Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges erklärte Rumänien 1914 seine Neutralität und trat zwei Jahre später der Entente bei. Die Mittelmächte konnte das Land nicht besetzen und schlossen 1918 den Frieden von Bukarest. Der Zusammenbruch der Habsburger- und der Romanow-Dynastie ersparte Rumänien dessen Ratifizierung. Rumänen aus Transsylvanien, Bukowina und Bessarabien beschlossen 1918 die Vereinigung mit Rumänien, die in den Friedensverträgen von Paris anerkannt wurde (1920).
Die politische Anbindung an den Westen wurde durch die Praktiken des orientalischen »parasitären« Staates konterkariert. Nach dem Tod Ferdinands wurde Michael I. (* 1921) König (1927–1930, 1940–1947), weil sein Vater Karl II. wegen seiner Mésalliance mit Madame Elena Lupescu auf dem Thron 1925 verzichtet hatte. 1930 kam Karl II. aus Paris zurück, bestieg den Thron und regierte bis 1940, als in Folge des Hitler-Stalin-Pakts und des Wiener Schiedsspruchs Nordwesttranssylvanien an Ungarn, Nordbukowina und Bessarabien an Sowjetunion und die Süddobrudscha an Bulgarien fielen. Michael I. kehrte auf den Thron zurück, doch die Regierungsgeschäfte führte General Ion Antonescu als »Staatsführer« (1940–1944). Eine Kooperation mit der »Eisernen Garde« blieb Episode (1940/41).
1941 erklärte Rumänien der Sowjetunion und implizit auch den Alliierten den Krieg. Bukowina und Bessarabien wurden befreit. Am Ende des Zweiten Weltkrieg scheiterte der Versuch, sich wieder unter die Schirmherrschaft des Westens zu stellen, weil die USA, UdSSR und Großbritannien Rumänien in Teheraner (1943) als sowjetische Einflußsphäre fixieten. 1944 verhaftete Michael I. Antonescu, brach den Bund mit Adolf Hitler und beugte sich den russischen Forderungen. Im Frieden von Paris (1947) erhielt Rumänien Nordwesttranssylvanien zurück, Nordbukowina, Bessarabien, das Hertza-Gebiet und die Süddobrudscha blieben unter sowjetischer bzw. bulgarischer Besatzung.
Die Rote Armee blieb im Land. 1947 wurde die Volksrepublik Rumänien ausgerufen, 1948 die Diktatur der Einheitspartei eingeführt und die ganze rumänische Gesellschaft nach sowjetischem Muster gleichgeschaltet. Westliche »imperialistische« Einflüsse wurde ausgerottet, die Unierte Kirche verboten. Die westlich orientierte Elite kam im Gefängnis um, oder wanderte wie die Mehrheit der Deutschen und Juden nach Westen aus. Rumänien wurde Mitglied des RGW (1949), des Warschauer Paktes (1955) und der UNO (1955). Die erfolgreiche Sowjetisierung macht die Rote Armee überflüssig, die 1958 das Land verließ. Gheorghe Gheorghiu-Dej (1945–1965) leitete eine eigenständige Entwicklung ein, die 1964 in einer »Unabhängigkeitserklärung« gipfelte und nach seinem Tod von Nicolae Ceausescu (1965–1989) fortführt wurde. Ceausescu führte eine nationale Entwicklungsdiktatur ein und nutzte den sowjetisch-chinesischen und den chinesisch-amerikanischen Konflikt sowie die Bewegung der Blockfreien bis seine nationale, sowohl antiwestliche als auch antirussische Politik zur Isolation und Zusammenbruch der Diktatur führte.
Zwischen Ost und West (1989-)
Bei der Wiederaufnahme der Kooperation Rußlands mit dem Westen seit 1986, verzichtete Moskau auf sein »sozialistisches Lager«. Ohne sowjetische Truppen, die im übrigen Ostblock einen friedlichen Übergang garantierte, forderte die Revolution in Rumänien (16.–26. Dez. 1989) etwa 1000 Tote. Die Täter sind bis heute unbekannt geblieben. Elena und Nicolae Ceausescu wurden hingerichtet und der neue Chef des Staates, Ion Iliescu (seit 1989), öffnete die Schleuse für die westlichen und russischen Einflüsse wieder. Offiziell erstrebt die konstitutionelle Republik (1991) die Einbindung in die NATO und die EU, doch dominieren praktisch eher russisch-orientalische Verhältnisse. Das Lebensstandard ist im Vergleich zum schlimmsten Jahr des Ceausescu-Regimes auf die Hälfte geschrupft. Arbeitslosigkeit, Auslandsschulden steigen, die Mehrheit der Bevölkerung lebt unter dem Existenzminimum und ist von der Wende enttäuscht, aber die politische Lage ist stabil. Der Hiter-Stalin-Pakt wurde auch von der Sowjetunion als »Null und Nichtig von Anfang an« erklärt, aber die 14. russische Armee ist in Moldawien stationiert und die Wiedervereinigung Moldawien, Bukowina und Herza-Gebiet mit Rumänien ist in der weite Ferne gerückt.
Moldawien
Der Name Moldawiens geht auf das rumänische Fürstentum Moldau zurück, dessen östlichen Teil Rußland 1812 als Bessarabien annektierte. Dies ist der Kern der seit 1991 unabhängigen Republik.
Römer, Völkerwanderung, Osmanen (bis 1812)
Ohne je Teil des Römischen Reichs gewesen zu sein, stand das Gebiet des heutigen Moldawien im in den ersten nach christlichen Jahrhunderten unter römischem Einfluß. Nach dem Rückzug der Römer 272 an die Donaugrenze war es ein Jahrtausend lang Schauplatz von Völkerwanderungen, bevor im 13./14. Jh. die rumänischen Fürstentümer Moldau und Walachei als Grenzmarken gegen tartarische Angriffe entstanden.
Fürst Basarab I. (1323–1352) expandierte 1328 bis zum Dnjestr und verleibte der Walachei das Gebiet zwischen Donau und Dnjestr, das eigentliche Bessarabien, ein. Im 15. Jh. kam das Gebiet zum Fürstentum Moldawien (1359–1859), das sich von den Karpaten bis zum Dnjestr und Schwarzen Meer erstreckte. Im Zuge der osmanischen Expanion auf dem Balkan wurde Moldawien 1480 tributpflichtig und mußte 1538 die Annexion des südöstlichen Moldawiens (türkisch Bugeac) hinnehmen, die das Fürstentum vom Schwarzen Meer abschnitt.
Im Sog der russischen Expansion (1812–1991)
Nach dem 5. russisch-türkischen Krieg 1806–1812 annektierte Rußland sämtliche Gebiete östlich des Pruth. Die Namensgebung Bessarabien für das gesamte Gebiet sollte das Ausmaß der Eroberung verschleiern und moldawische Ansprüche abweisen. Nach dem 6. russisch-türkischen Krieg (1828/29) hob das Zarenreich die Autonomie Bessarbiens auf und russifizierte es (Russisch als Amtssprache, kyrillisches Alphabet). Die Niederlage im Krimkrieg (1853–1856) unterbrach die russische Expansion vorübergehend: 1856 übernahmen sieben europäische Staaten die Schutzherrschaft über die Donaufürstentümer Moldau und Walachei. Moldawien bekam Südbessarabien (Bugeac) zurück (bis 1878), während Nordbessarabien bei St. Petersburg blieb. Durch seine Beteiligung am 8. russisch-türkischen Krieg 1877/78 an der Seite des Rußlands gewann Rumänien auf dem Berliner Kongreß 1878 die Souveränität vom Osmanischen Reich, verlor aber Südbessarabien erneut an den Zaren.
Der Zusammenbruch Österreich-Ungarns und des Zarenreichs im Ersten Weltkrieg gab Raum für die Entstehung Großrumäniens jedoch im Frieden von Trianon 1920: Sowjet-Rußland akzeptierte den Verlust Bessarabiens nicht und gründete 1924 östlich des Dnjestr die Autonome Sozialistische Region Moldawien, die bis zur abermaligen Annexion Bessarabiens in Erfüllung des Hitler-Stalin-Paktes 1940 die sowjetischen Ansprüche konservierte. Zur Sicherung der strategischen Schlüsselpositionen teilte Josef Stalin die Kriegsbeute 1940 neu: Das südliche Bessarabien mit Donau- und Dnjestrmündung und Nordmoldawien kamen zur Ukraine, während die neuentstandene Moldawische Sozialistische Sowjetische Republik den zuvor zur Ukraine gehörenden schmalen Streifen östlich des Dnjestr (Transnistrien) erhielt.
An Adolf Hitlers Seite zog Rumänien 1941 in den Heiligen Krieg zur Rückeroberung der verlorenen Gebiete, die jedoch im Friedensvertrag von Paris 1947 der UdSSR zugesprochen wurden. Deportationen, Hungersnöte, Zwangsrussifizierung (u. a. Verbot der lateinischen Schrift) und strenge Abschirmung von Rumänien blockierten eine wirkliche Integration in die Sowjetunion.
Eigenstaatlichkeit (seit 1991)
Im Zusammenbruch der Sowjetunion erklärte daher auch die Moldawische SSR ihre Unabhängigkeit (27. 8. 1991). Die Desintegration der UdSSR setzte sich im jungen Moldawien fort, das in drei Regionen zerfiel: Die ca. 150 000 turkstämmigen orthodoxen Gagausen erhielten 1994 Autonomie. Spannungsreicher ist der Konflikt Transnistrien, das unter dem Schutz der ehemaligen 14. sowjetischen Armee, für seine Unabhängigkeit als Dnjestr-Republik kämpft. Nachdem das rumänisch dominierte Moldawien nach 1991 zunächst die nationale Wiedervereinigung mit Rumänien anstrebte, entschied sich die Republik 1994 per Referendum und Verfassung für die Eigenstaatlichkeit und eine eigene moldawische Identität (Sprache, Hymne).